Ein Blick in die Kryptowährungszukunft: Replik auf den Beitrag im Standard

Pot of bitcoins

In der Tageszeitung “Der Standard” fand sich unlängst ein Beitrag mit dem Titel “Kann Kryptogeld Euro und Dollar ersetzen?“. Dieser Betrag war, meiner Meinung nach, doch deutlich gegen Kryptowährungen bzw. Bitcoin an sich formuliert. Hierzu ein paar andere, vielleicht ergänzende, vielleicht widersprechende, vielleicht aber auch zustimmende Ansichten.

Im Folgenden findet sich immer ein Auszug des Originalartikels – erkennbar am seitlichen vertikalen Strich und hellgrauem Text. Darauf folgen meine Ansichten.

Der Standard
Kann Kryptogeld Euro und Dollar ersetzen?
Die Zukunft von Krypto-Tokensystemen bleibt spannend
BLOG von Guido Schäfer 
vom 14. Jänner 2020, 06:00

Seit Einführung der Kryptowährung Bitcoin im Jahr 2009 wird heftig darüber debattiert, ob Kryptogeld künftig Währungen wie Euro oder Dollar ablösen wird. Der Plan von Facebook zur Schaffung der Kryptowährung Libra hat diese Debatte zusätzlich angefacht. Die rund 2,5 Milliarden aktiven Facebook-Userinnen und -User hätten dadurch Zugang zu einem alternativen Bezahlsystem.

Neben zahlreichen technischen, juristischen und politischen Problemen stellt sich grundsätzlich die Frage, ob ein Kryptowährungssystem ökonomisch funktionieren kann. Aus Sicht der monetären Ökonomie sprechen zumindest sechs Gründe dagegen, dass Kryptowährungen die Funktionen konventioneller Währungen übernehmen können.

In der folgenden Analyse wird unter Kryptowährung ein digitales System verstanden, dessen Regeln in einem Protokoll festgelegt sind. Eine dezentral geführte Datenbank verzeichnet die weitgehend anonyme Übertragung von digitalen Einheiten zwischen den Teilnehmenden. Diese Einheiten können als sogenannte Token im Tausch gegen konventionelle Währungen erworben werden. Da das System auf dem dezentralen Zusammenwirken einer Vielzahl privater Akteure beruht, kommt es ohne Zentralbank oder staatliche Aufsicht und Regulierung aus. Eine Art “privates”, dem Zugriff von Regierungen entzogenes und deshalb wertstabileres Geld soll dadurch ermöglicht werden.

1. Kryptogeld erfüllt die grundlegenden Geldfunktionen unzureichend

Alle in der Geschichte als Geld verwendeten Objekte erfüllten die Funktion als allgemein akzeptiertes Zahlungsmittel, als stabiles Wertaufbewahrungsmittel und als Recheneinheit zur Bestimmung des Preises eines Guts. Aktuell wird nur ein sehr geringer Teil aller wirtschaftlichen Transaktionen in Kryptowährungen durchgeführt, weshalb nicht von einem allgemein akzeptierten Zahlungsmittel gesprochen werden kann. Aufgrund der hohen Kursvolatilität ist keine stabile Wertaufbewahrung möglich. Selbst innerhalb des Kryptouniversums werden Werte typischerweise in Dollar oder Euro angegeben. Mikroökonomisch funktionieren Kryptowährungen also nicht als Geld. Die Argumente unterhalb legen nahe, dass sich dies auch zukünftig nicht ändern wird.

Guido Schäfer

Bitcoin und die Geldfunktionen

Bitcoin als Zahlungsmittel

Erstmal erfüllten nicht alle Objekte in der Geschichte die als Geld verwendet wurden, die Funktion als akzeptiertes Zahlungsmittel. Man denke zum Beispiel nur an Kaurigeld. Muscheln die in Afrika und Asien als Zahlungsmittel verwendet wurden, waren für die Europäer in Europa kein Zahlungsmittel. Aber auch “gesetzlich anerkannte” Zahlungsmittel erfüllen die Funktion als Zahlungsmittel nicht immer und überall. Nicht umsonst versuchen Menschen in inflationsgebeutelten Gegenden der Welt ihr Geld in andere, “harte” Währungen zu wechseln. Wie es um die Akzeptanz eines, in meiner alltäglichen Umgebung akzeptierten, Zahlungsmittels bestellt ist, durfte ich selbst ca. ein Jahr nach der Euro-Einführung erfahren: ich konnte in Ägypten mit Euro nichts kaufen. Im Jahr 2019 hätte ich mir die gute Vorbereitung sparen können, das Wechseln in britische Pfund war gar nicht nötig – der Euro wurde überall akzeptiert. Darüber hinaus ist das mit der Akzeptanz eines Zahlungsmittels ohnehin eine simple aber doch komplexe Sache. Wer kennt diese Schilder nicht: “Wir bitten um Verständnis, aber wir akzeptieren keine 200 EUR Scheine”.

Inwieweit Bitcoin als Zahlungsmittel anerkannt wird, ist ebenso relativ wie die oben beschriebenen Beispiele. In Österreich kann man zumindest in größeren Ortschaften sein Essen mit Bitcoin bezahlen – lieferservice.at akzeptiert ihn beispielsweise. Im Edustore bekommt man seinen IT-Bedarf, die Spieleplattform Steam akzeptiert ihn ebenso als Zahlungsmittel wie der Autor dieses Artikels. Daneben gibt es noch zahlreiche andere Akzeptanzstellen bis hin zu Universitäten, an denen man seine Studiengebühren mit Bitcoins zahlen kann. Die Bitcoin-Akzeptanz ist noch nicht so groß wie etwa die des Euros oder US-Dollars. Vielleicht wird sie auch nie so groß werden. In Österreich wird die Akzeptanz von Bitcoin aber vermutlich größer sein, als die Akzeptanz des Singapur Dollars oder südafrikanischen Rands.

Bitcoin als stabiles Wertaufbewahrungsmittel

Ist Bitcoin ein stabiles Wertaufbewahrungsmittel? Wohl eher nicht.
Ist Bitcoin ein gutes Wertaufbewahrungsmittel? Meistens ja.
Sind “akzeptierte” Zahlungsmittel wie zum Beispiel Euro oder Dollar “stabile” Wertaufbewahrungsmittel? Wohl eher nicht.

Guido Schäfer spricht von einem stabilen Wertaufbewahrungsmittel. Inflationäre Währungen, wie sie der Dollar und der Euro sind, verlieren stetig an Wert. Mit jeder neu geschöpften Einheit einer Währung nimmt die Anzahl der Einheiten zu und damit der Wert der einzelnen Einheiten ab. Dadurch verringert sich die Kaufkraft. Wie sehr der Euro als Wertaufbewahrungsmittel taugt, kann man sich z.B. anhand dieser Tafel ansehen. In zehn Jahren sind es knapp 15% Verlust.

Bitcoin inflationiert auch noch eine Weile, bis die 21 Millionen Bitcoin geschürft sind und keine neuen Coins mehr hin zukommen. Ab diesem Zeitpunkt wird Bitcoin stabil bis deflationär, was für ein Wertaufbewahrungsmittel nicht unbedingt schlecht ist.
Bis zum nächsten Halving im Mai inflationiert Bitcoin mit 3,68% per anno. Gleichzeitig werden mehr Bitcoins nachgefragt als verfügbar sind. Der Preis in Fiat für Bitcoins ist seit dem Beginn von Bitcoin so gestiegen, dass sich Bitcoins sogar hervorragend als Wertaufbewahrungsmittel eignen. So lange man davon ausgeht, dass Bitcoin gekommen ist um zu bleiben. Von 2017 bis zum Jahr 2020 waren 64% der Tage an denen man sein Fiat-Werte mit Bitcoin sichern wollte, gute Tage zur Sicherung der Werte. Wenn man den Zeitstrahl am Beginn von Bitcoin starten lässt, erhöht sich der Anteil der guten Tage massiv. Dennoch ist Bitcoin immer noch ein risikoreicheres Wertaufbewahrungsmittel als der Euro. Schließlich ist gibt es beim Euro zum einen nicht das Risiko, dass er massiv in kurzer Zeit viel an Wert verliert (wie Bitcoin), allerdings ist der Wertverlust beim Euro nicht mal ein Risiko, er ist fix, man könnte auch sagen “stabil” (nicht wie beim Bitcoin, da gibt es das negative Risiko, auch bekannt als Chance, dass der Wert steigt, und das auch noch massiv).

Bitcoin als Recheneinheit

Das kann Bitcoin (noch) nicht. Als unit of account, also eine Verrechnungseinheit, mit der man als Maßstab den Wert des einen Gutes leicht mit dem Wert eines anderen Gutes vergleichen kann, taugt Bitcoin derzeit nicht wirklich. Schon alleine wegen der, oben beschriebenen, stetig steigenden Wertsicherungsfunktion, die Bitcion im Moment erfüllt, nicht.

Aufgrund der Volatilität Bitcoins ist Bitcoin als Maßstab nicht gut geeignet. Wer will schon die Länge von etwas messen, wenn sich das 30 cm lange Lineal, mit dem man misst, binnen Stunden in der Länge um 5, 10 oder 20 cm ändert? Darüber hinaus ist Bitcoin eben (noch?) kein Zahlungsmittel, wie EUR oder USD. Für den Menschen ist Bitcoin auch noch nicht die vertraute Einheit in der Preise bezahlt werden. Weswegen der Maßstab den der Mensch zur Bewertung von Gütern (und / oder Dienstleistungen) heranzieht, natürlich das jeweils vertrautere (Geld-)System ist. In Europa messen wir die Preise für die meisten Güter (Rohöl z.b. nicht, da ist es der USD) in EUR. So wie wir in Europa auch Längen lieber mit dem metrischen als dem imperialen System vergleichen. Dafür sind die Messsysteme (Geld und Längen) ausreichend stabil.

So lange Bitcoin sich nicht “beruhigt” hat und stabil im Wert ist, ist Bitcoin auch keine gute Recheneinheit. Da gibt es nichts zu beschönigen.

2. Kryptogeld kann die Geldpolitik einer Notenbank nicht ersetzen

Jede Kryptowährung muss in ihrem Protokoll Regeln zur Steuerung des Angebots an digitalen “Geldeinheiten” angeben. Typischerweise sind dies starre, vom wirtschaftlichen Verlauf unabhängige Regeln. Bei Bitcoin ist ein stetig abflachendes Wachstum der Tokenmenge bis zu einem gewissen Maximalbetrag vorgesehen, ab dem keine neuen Einheiten mehr begeben werden.

Ein zentrales Ziel von Notenbankpolitik besteht in der Herstellung von Preisstabilität. Darüber hinaus sind Notenbanken aber frei, die jeweilige wirtschaftliche Lage zu beurteilen und bestmöglich geldpolitische Instrumente zur Erreichung dieses Zieles einzusetzen. Menschliches Urteil von Expertinnen und Experten ist hierbei unverzichtbar. Überdies ändert sich ständig der geldpolitische Rahmen, da die Wirtschaft selbst sich laufend verändert. Die Geldpolitik muss sich deshalb immer wieder flexibel neu ausrichten. Am reinen Wachstum der Geldmenge ist optimale Geldpolitik nicht festzumachen.

Die alten Monetaristen hatten das stabile Wachstum der Geldmenge in den Mittelpunkt ihrer geldpolitischen Empfehlungen gestellt – diese Empfehlungen wurden jedoch bereits vor Jahrzehnten als wirtschaftlich nicht zielführend verworfen. Die zwingend im Protokoll einer Kryptowährung vorgesehenen Regeln für das Wachstum der Menge an Token sind ebenfalls viel zu starr. Eine geldpolitisch wünschenswerte Liquiditätsversorgung der Wirtschaft könnte dadurch nicht erfolgen.

Guido Schäfer

Geldpolitik Schadet mehr als sie nutzt

Bitcoin (und viele andere Kryptowährungen) kennt keinen “Willen” wie ihn die Politik an den Tag legt. Geldmengen werden nicht aufgrund von Entscheidungen von “Experten” anlassbezogen verändert. Experten können irren. Und weil sie es können, werden sie sich auch irren – irren ist menschlich. Und weil Entscheidungen politisch getroffen werden, kann es und wird es auch sein, dass Entscheidungen zum Wohl von wenigen getroffen werden. Die Inflation im Euroraum (EU-Rettungsschirm, massiver Ankauf von Unternehmensanleihen (= zinsfreie Kredite für Konzerne) Bail Out für Banken usw.), und erst recht im Dollarraum, macht den “braven Sparer” täglich und fortwährend ärmer und bereichert die Geldschöpfer (siehe: Cantillon-Effekt und die Mär vom trickle down). In Ländern, in denen die Geldpolitik gescheitert ist (Länder resetten ihre Währungen überraschend oft), galoppiert die Inflation den Leuten davon. Warum diese subjektiven Entscheidungen “unverzichtbar” sein sollten, erschließt sich mir nicht. Im Gegensatz dazu wird sich Bitcoin durch seine mathematisch definierte Geldmenge ähnlich verhalten wie es Gold tut. Gold vermehrt sich nicht beliebig. Man kann zwar die “Produktion” erhöhen in dem man verstärkt nach Gold schürft, aber die Mengen an Gold, die wir auf dem Planten zur Verfügung haben, sind begrenzt – wie die Anzahl der Bitcoins.

Die Versorgung der Wirtschaftsteilnehmer mit Bitcoin um deren Liquidität sicherzustellen, ist nicht in Gefahr. Auch wenn die Menge auf ca. 21 Millionen Coins begrenzt ist, kann man ein Bitcoin bis zu 8 Stellen nach dem Komma teilen. Per Konsens im Netzwerk kann man diese Teilung auch ohne weiteres noch granularer gestalten, an der Menge ändert die Teilung nichts. Es sind und bleiben ausreichend Coins da, um die Versorgung sicher zu stellen.

3. Kryptogeld lässt keine Liquiditätsspritzen in Finanzkrisen zu

In Krisenzeiten funktionieren starre Regeln zur Ausweitung des Geldangebots noch schlechter als normal. Denn in einer Finanzkrise steigt sprunghaft der Liquiditätsbedarf im Finanzsektor an. Kunden ziehen ihre liquiden Guthaben ab. Märkte verteuern oder verweigern die Bereitstellung externer Liquidität. Finanzinstitutionen würden zusammenbrechen, wenn sie ihre Vermögenswerte zur Beschaffung von Liquidität in fallenden Märkten verkaufen müssten. In solch einer Situation kann eine Zentralbank als “lender of last resort” den Kollaps des Finanzsystems und in weiterer Folge auch der Realwirtschaft verhindern, indem sie dem Finanzsystem kurzfristig große Mengen an Liquidität zur Verfügung stellt.

Weder lässt eine starre Angebotsregel eines Kryptowährungssystems die flexible Schaffung von Krisenliquidität zu, noch sind die speziellen Umstände einer Finanzkrise vorhersehbar, sodass sich wirkungsvolle Regeln zur Schaffung von Krisenliquidität vorab im Protokoll einer Kryptowährung verankern ließen. Das Finanzsystem einer Kryptowährung wäre deshalb krisenanfällig und nicht dauerhaft stabil.

Guido Schäfer

Keine Liquiditätsspritzen mit Bitcoin mehr möglich

Long story short: stimmt, Bitcoin lässt kein lending as last resort zu. Und das ist auch gut so.

Längere Version: auch in einem Geldsystem, das auf Bitcoin beruht, können Kredite vergeben werden. Wer einen Kredit vergibt, geht immer ein wirtschaftliches Risiko ein – der Kredit könnte ausfallen. Dafür bietet sich natürlich auch eine Chance: bei zurückgezahltem Kredit ergibt sich ein Gewinn in Form von Gebühren und / oder Zinsen. Da Kreditgeber sich nicht mehr auf einen lender of last resort, der Geld in Mengen aus dem Nichts erschafft, verlassen können, werden sie zum einen umsichtiger Kredite vergeben und zum anderen beim Eintreten eines zu hoch eingegangenen Risikos auch die Auswirkung tragen müssen: die Pleite. Die Alternative wäre die Sozialisierung der Verluste wie bei der letzten Bankenrettung als ein System kurz vor dem Kollaps stand, dass seine Gewinne in bisher ungeahnter Weise geschickt niedrig versteuerte.

Die Verwendung von Bitcoin (oder anderem Vollgeld) führt also zu einer faireren Behandlung von Teilnehmern an freien Märkten.

4. Kryptogeld erlaubt keine auf einzelne Länder abgestimmte Geldpolitik

Kryptowährungen wie Bitcoin oder Libra stellen den Anspruch, ein global funktionierendes neues Geldsystem zu schaffen. International weisen Volkswirtschaften jedoch große Unterschiede auf. Ökonomisch gesprochen stellen sie keinen optimalen Währungsraum dar, da sie unterschiedlichen Entwicklungen – sogenannten asymmetrischen Schocks – unterliegen. Gütermärkte, Arbeitsmärkte und Kapitalmärkte sind zu wenig integriert, um die Schaffung einer gemeinsamen Währung zu rechtfertigen. Fiskalische Ausgleichsmechanismen wie etwa ein gemeinsames Arbeitslosenversicherungssystem existieren nicht. Nationale Geldpolitik und anpassungsfähige Wechselkurse führen deshalb zu wesentlich besseren wirtschaftlichen Ergebnissen. Da die Welt keine optimale Währungszone darstellt, würde das Wirtschaftssystem unter einer globalen Kryptowährung nicht funktionieren.

Guido Schäfer

Bitcoin als weltweites Vollgeld

Gerade erst die Schaffung der Option (1971, Abschaffung des Goldstandards) sich mittels Abwertung seiner nationalen Währung gegenüber einer anderen nationalen Währung einen Vorteil zu verschaffen (Cantillion-Effekt s.o.), ermöglichte zum einen ein rasantes (durchschnittliches) weltweites Wachstum und damit auch das Verringern von Armut im Durchschnitt (weltweit). Aber gerade dadurch entstanden “Billiglohnsektoren”, indem eine schwache Wirtschaftsleistung eines Landes mittels Inflation kaschiert wird. Die besseren durchschnittlichen wirtschaftlichen Ergebnisse sind lediglich eine Frage des Standpunkts. Für den einzelnen kleinen Wirtschaftsteilnehmer, der hauptsächliche seine Arbeitskraft bereitstellt, bringen nationale Währungen keinen Vorteil. Ihm fehlt schlicht das Kapital, dass er leicht von einem nationalen Bezugssystem in ein anderes verlagern kann, um die jeweiligen Vorteile genießen zu können.

Durch einen gemeinsamen Bezugsrahmen einer gemeinsamen Währungsgrundlage (s.o. Geldfunktionen), der gleiche Regeln für das Geld aller Wirtschaftsteilnehmer festlegt, würde die Wirtschaft fairer, und damit besser für die Mehrheit der Teilnehmer, funktionieren.

An dieser Stelle noch ein Verweis auf Libra. Libra will (zmdt. sieht es derzeit so aus) eine Art Stable Coin etablieren, der mit einem Korb aus Fiat-Werten gesichert ist. Damit ist Libra im Prinzip eine andere Abbildungsform von bestehenden Fiat-Währungen. Quasi Giralgeld. Das hat durchaus seine Vorteile ändert aber wenig am bestehenden System.

5. Kryptogeld kann sich gegen etablierte Geldsysteme nicht durchsetzen

Währungssysteme können mikroökonomisch als Netzwerke verstanden werden. Konsumentinnen und Konsumenten sowie Unternehmen fragen gemeinsam die Leistungen eines Geldsystems zur Durchführung von Zahlungen nach. Je mehr Unternehmen ein bestimmtes Zahlungssystem anbieten, desto attraktiver wird die Benutzung für die Konsumierenden. Je mehr Konsumierende ein Zahlungssystem nutzen, desto eher akzeptieren Unternehmen dieses System. Mit zunehmender Größe des Systems wächst deshalb der Nutzen für alle TeilnehmerInnen. Umgekehrt besteht für kleine Systeme ein Henne-Ei-Problem, wenn sie sich neben einem großen System zu etablieren versuchen. Weil die Konsumentinnen und Konsumenten das System nicht verwenden, bieten es die Firmen nicht an. Und weil die Firmen das System nicht anbieten, wird es nicht benutzt.

Kleinere Systeme wie Kryptowährungen haben nur dann eine Chance, wenn ihre Leistungen sich hinreichend von jenen großer Systeme unterscheiden. Nun kann zwar argumentiert werden, dass etwa Bitcoin bei illegalen Transaktionen oder in einem instabilen Land wie Venezuela Vorteile gegenüber herkömmlichen Währungen bietet. Bei Massenzahlungen in einem stabilen Land mit funktionierender Währung wird ein reines Currency-Token jedoch kaum jemals über ein Nischendasein hinauskommen.

Guido Schäfer

Wir wiederholen uns…

Zusätzlich zu den bereits weiter oben erwähnten Entgegnungen bezüglich Bitcoin als Zahlungsmittel (ja im Moment ist das eher noch nichts…) mal ein paar Erinnerungen an die Geschichte:

Was hat man denn den USA gesagt, als sie sich vom United Kingdom lösten und vom Pfund auf den USD wechselten? Was ist mit den hunderten anderen bereits existierenden nationalen Währungen, die alle ein “Nischendasein” fristen? Was hat Nokia gesagt als es mit ihrem hervorragend funktionierendem Geschäftsmodell mit einem Konkurrenten konfrontierte der “keine Ahnung” vom mobile Phone Geschäft hatte und 2007 das Iphone präsentierte? Was hat sich ein Platzhirsch wie wie MySpace gedacht, mit seinem großen bestehenden Netzwerk als da eine stümperhaft programmierte Website names thefacebook.com auftauchte?

Ein bestehendes Systeme und Netzwerke schützen nicht vor Ablöse. Bitcoin ist eine Art von Geld und “konkurriert” in der Akzeptanz mit anderem Geld. Das bessere Geld setzt sich durch. Gerade in krisengeschüttelten Ländern (Venezuela, Griechenland, Simbabwe uvm), in denen die Menschen vor der Wahl stehen dem bestehenden Geldsystem oder Bitcoin zu vertrauen wird deutlich das viele Teilnehmer der Wirtschaft Bitcoin als das bessere Geld ansehen.

Anmk. für eine Bank die Geld mittels Kredit schöpfen kann ist Bitcoin wohl eher nicht das bessere Geld. Cui bono.

Klarstellung

Wer Bitcoin verwendet, legt unverwischbare, für jeden öffentlich zugreif- und lesbar Spuren seiner Geldflüsse. Menschen die illegalen Geschäften nachgehen sind nicht so dumm wie diverse Experten ihnen dies gerne unterstellen. Solche Menschen nutzen vieles für ihre Geschäfte (ganz gern übrigens Banken, siehe national risk assessment on money laundering der UK Treasuray (2015) sowie Table 1.A), aber sehr sehr ungern Bitcoin.

6. Kryptogeld würde die monetäre und fiskalische Souveränität von Staaten untergraben

Ließen Regierungen die Entstehung von privaten Geldsystemen in großem Stil zu, würden sie ein wesentliches Element der monetären Souveränität eines Landes aus der Hand geben. Die monetäre Abhängigkeit von einer intransparenten Gruppe teilweise nicht im Inland angesiedelter privater Akteure wäre problematisch.

Überdies stellt die Nutzung kryptografischer Verfahren zur Herstellung von Anonymität ein zentrales Element vieler Kryptowährungen dar. Ohne persönlich identifiziert zu werden, ist die anonyme Durchführung von Zahlungen möglich. Nicht nur unter dem Gesichtspunkt von Geldwäsche und Finanzierung illegaler Aktivitäten stellt dies ein Problem dar. Auch für Steuerbehörden wird es wesentlich schwieriger, Transaktionen zu kontrollieren und Steuern einzuheben. Somit wäre auch die fiskalische Souveränität von Staaten untergraben. Angesichts des drohenden Verlustes essenzieller Elemente ihrer wirtschaftlichen Souveränität ist es deshalb nicht verwunderlich, dass die meisten Staaten reserviert bis ablehnend der Entwicklung von Kryptowährungen als Ersatz für etabliertes Geld gegenüberstehen. Mit massivem politischem Widerstand ist jedenfalls zu rechnen.

Guido Schäfer

Staaten haben ihre Währungssouveränität (leider) schon lange abgegeben.

Die monetäre Abhängigkeit von einer intransparenten Gruppe teilweise nicht im Inland angesiedelter privater Akteure wäre problematisch.
Um so schlimmer, dass man genau das bereits getan hat. Die Währungssourveränität der Eurozone und die des USD liegt bei wem? Bei den Staaten? Weit gefehlt! die FED und die EZB entscheiden ausschließlich über ihre jeweiligen Währungen und das hochgradig intransparent.

Die FED gehört indirekt Geschäftsbanken der USA und somit privaten. Die EZB gehört den Notenbanken der Mitglieder. Diese sind zumindest meist zu 100% in Staatsbesitz, aber auch hier gibt es ausnahmen:

Italiens Wirtschafts ist übrigens die immerhin viertgrößte der EU.

Politisch eingreifen lassen sich weder FED noch EZB. Sie tun, was sie glauben, dass das Beste ist. Das Beste für wen? Die EZB hat immer noch ihr Anleihenkaufprogramm am laufen, bei der sie im Monat um 20 Milliarden Unternehmensanleihen kauft. Dabei schöpft sie neues Geld (da ist er wieder der Cantillon Effekt), welches sie den Geschäftsbanken zu Geldschöpfung via Kredit übergibt (Cantillon…) und verbibt durch die Anleihen überdies extrem günstige (bis gratis) Kredite an Unternehmen (Cantillon again!). Diese Unternehmen sind aber nicht alle. Es kommen nur große Unternehmen in Frage (die ohnehin schon viel Kapital haben). Kleine Unternehmen haben vom Anleihenkauf der EZB ebenso wenig wie der Großteil der Wirtschaftsteilnehmer. Im Gegenteil die alle haben wenig bis nichts vom Cantillon Effekt, außer der Inflation.

Kryptowährungen und anonymität

Erstmal Bitcoin ist pseudonym und nicht anonym.

Der Staat kämpft jetzt schon mit illegalen Aktivitäten wie Geldwäsche oder Finanzierung illegaler Aktivitäten. Wer Geld unbemerkt bewegen will, greift zu Bargeld, Wirtschaftstreuhändern, verschachtelten Unternehmensstrukturen oder anderen Mitteln. Die Bekämpfung von Steuerhinterziehung löst nicht die Währung in der Hinterzogen wird (EUR, Bitcoin oder was auch immer) sondern die Behörden, die in solchen Fällen ermitteln.

Währungen wie Monero oder Zcash bilden Transaktionen bei weitem anonymer als Bitcoin ab, sind aber auch nur ein weiteres mittel mit dem Geldwäsche oder andere illegale Machenschaften umgesetzt werden können.

Werden Gesetzte aufgeweicht oder nicht mehr Exekutiert (bzw. in Folge judiziert) wenn Bürger von Staaten Gesetze nicht einhalten, dann verlieren Staaten ihre Souveränität.

Wenn Staaten ihren Bürgen die Privatsphäre nehmen (z.b. in dem anonyme Zahlungen verunmöglicht) verlieren Staaten überdies auch noch ihre Legitimation.

Die Zukunft von Krypto liegt in Leistungen jenseits des etablierten Geldsystems

Betrachtet man die oberhalb angeführten sechs Argumente gemeinsam, erscheint die Ablösung etablierter Währungen durch Kryptogeld sehr unwahrscheinlich. Vermutlich sind davon die Entwicklungschancen von Krypto-Tokensystemen aber nur am Rande berührt. Auch wenn sich Kryptowährungen bei der Erfüllung klassischer Geldfunktionen kaum gegen etablierte Währungen durchsetzen werden, bergen sie aufgrund der vielfältigen Gestaltungsmöglichkeiten in anderen Bereichen großes Zukunftspotenzial. Beginnend mit der Möglichkeit, auf einer Blockchain Daten zuverlässig und öffentlich zu speichern, über die zahlreichen Anwendungen von “Smart Contracts” bis hin zu “Corporate Tokens” sind viele neue Einsatzbereiche denkbar. Evolutionär wird sich zeigen, welche der vielen derzeit diskutierten und getesteten Konzepte längerfristig tragfähig sind. Auch wenn Euro und Dollar weiter bestehen bleiben, könnten daneben spannende neue Kryptosysteme existieren, die vielleicht grundlegend Wirtschaft und Gesellschaft verändern werden. Die Geldfunktionen dieser Systeme werden jedoch nicht im Vordergrund stehen.

(Guido Schäfer, 14.1.2020)

Die Zukunft von Krypowährungen

Wie lange wird es noch dauern bis die “Blase” platzt? Keine Ahnung! Ein paar Jahre hat FIAT noch vor sich 😉

Im Enrst: wird Bitcoin oder eine Währung sich durchsetzen oder nur die Technik dahinter? Wir werden sehen. Was man aber bedenken sollte:

Eine Blockchain ohne Währung dahinter wird Daten nicht sicher speichern können. Die Daten liegen in Systemen wie Bitcoin und Ethereum (smart contract-fähig) deshalb so sicher, weil eine Heerschar an gierigen Menschen prüft ob andere gierige Menschen sie nicht um ihren Gewinn bringen, weil sie beim Prüfen der Daten in der Blockchain schummeln. Das bedeutet viel Arbeit, für die sie auch einen Beweis vorlegen müssen um die Belohnung ihrer Arbeit zu bekommen (Proof Of Work). Lässt man den Insentiv (die Belohnung) weg, muss man die Sicherheit der Daten anders gewährleisten (Nakamotos Conensus). Z.b. durch eine Proof Of Stake (durch den Besitz von etwas, Token, Schlüssel, Passwörter usw) erhält man das Recht Daten zu schreiben. Das ist aber nicht viel anders als es jetzt schon in zentralen Systemen der Fall ist: wer darf tatsächlich in ihrem Girokonto schreiben? Richtig ausschließlich ihre Bank. Hat man Zugriff auf die Systeme der Bank (z.b. via Hacking oder von Gesetz wegen) war es das mit der Integrität der Daten.

Proof Of Work funktioniert als Datenabsicherungsmechanis in Bitcoin hervorragend. Seit seiner Entstehung sind Bitcoins Daten öffentlich von jedem angreifbar. Geschafft hat es noch keiner, Nakamotos Conensus sei dank. Und dieser Consensus beruht eben nicht nur auf einer tollen Technologie die man vielleicht ohne die anderen Verwenden könnte. Nakamotos Conensus braucht: Hashverfahren, asymetrische Kyptorgrafie, Blockchain, PoW. Lässt man eines davon Weg hat man Technologie die man bereits vor Bitcoin hatte. Erst das Zusammenspiel dieser Technologien, getrieben von einer Incentivierung mittels der systeminherenten Währung lässt Kryptowährungen so gut, wie sie es bisher taten, funktionieren.

Fazit

Bitcoin wurde 2009, zumindest nach Satoshis white paper, als Lösung für die Probleme des bestehenden Geld- und Finanzsystems, konzipiert. Vielleicht wird Bitcoin oder eine andere Kryptowährung nicht die Lösung für diese Probleme sein, aber selbst wenn Bitcoin & Co zum Nachdenken über unser bestehendes Geldsystem anregen ist schon viel gewonnen. Kryptowährungen wie Bitcoin (stabile begrenzte Geldmenge) sind Bewusstseinsveränderer: Wer sich mit ihnen beschäftigt, verändert sein Bewusstsein gegenüber dem bestehenden Geldsystem, das eine Umverteilung von unten nach oben mit sich bringt, sowie gegenüber einem neuen digitalen Geld, das für sich steht und nicht dem Willen weniger zu dienen hat.

Schreibe einen Kommentar